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Working Sheepdogs

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die Welt der arbeitenden Hütehunde

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Aus der International Sheepdog News März/April 2018.

Julie Hill im Interview über das Training von jungen Hunden und darüber, nach welchen Kriterien Hunde bewerten werden können oder sollten.

Top Handlerin

Julie Hill gewann 1996 als bislang die einzige Frau in der Geschichte der Sheepdog Trials die International Supreme Championship in Chatsworth mit ihrem Hund Moss 175220, damals noch als Julie Simpson.

Julie kam ursprünglich über die Arbeit mit Pferden zu den Border Collies.
Ihre erste Hündin war eine farmgezogene blue merle Hündin namens Meg. Mit ihr fand Julie den Zugang zur Arbeit mit Hütehunden an Schafen und den Wunsch, mehr über die Schäfertradition und die dazugehörigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu lernen.

Julie arbeitet mittlerweile seit 35 Jahren hauptberuflich mit Schafen, sowohl im Flach- als auch im Hügelland. Seit 12 Jahren hält sie eine Hill Farm in Carcant in der Schottischen Border-Region.
Die vielen dabei anfallenden Schäferaufgaben in den unterschiedlichen und teilweise sehr schwierigen Bedingungen alleine mit ihren Hunden zu lösen, hat ihr zu einem ungeheuren Erfahrungsschatz im Einsatz von Hütehunden verholfen. Oft müssen die Hunde in dem schwierigen Terrain außer Sichtkontakt arbeiten.

Für Julie ist es üblich, einen ihrer Hunde auf einen selbstständigen Outrun auf einen der sich bis zum Horizont erstreckenden schottischen Hügel zu schicken, um selbständig die dort verstreuten Schafe einzusammeln, während sie einen anderen Hund in die andere Richtung in die Hügel schickt. Wenn dieser mit seiner Gruppe zurückkehrt, wartet der erste Hund schon geduldig mit den Schafen, die er gefunden und herbeigebracht hat.

Durch Julies Vertrauen in und die Kenntnis um die Fähigkeiten ihrer Hunde wird die Zusammenarbeit mit ihnen so erfolgreich und effektiv.

Julie ist es auch ein besonderes Anliegen, ihr Wissen weiterzugeben an Anfänger, die Fragen bei der Ausbildung ihrer Hunde haben und ihnen über eventuelle Frustrationen auf dem Weg hinwegzuhelfen, indem sie ihnen zeigt, wie sie die Intelligenz, die Motivation und die angeborenen Fähigkeiten ihrer Hunde verstehen und einsetzen lernen.

In ihrem 2014 in der zweiten Edition erschienenen Buch „The Natural Way“ legt sie ihre Methode dar, die an Natural Horsmanship erinnert und eine abgestufte Skala von Kommunikation mit dem Hund verwendet, die vom „Bitten“ über das „Befehlen“ zum „darauf Bestehen“ führt. (Ask, Tell, Insist)
Für diese Ausgabe wurde Julie Hill besonders zu den Themen „Stoppen des jungen Hütehundes“ und Vokabel zur Beschreibung eines effizienten Border Collies befragt.

Julie Hill

Q: Wie und wann trainierst du das Stoppkommando bei einem jungen Hütehund?
Ich selber bin mir nie sicher, wann, wo und wie oft ich meinen Hund stoppen soll, oder wie ich ihn eigentlich stoppen soll.
Ich würde auch gerne wissen, wie man das "Steady" (Langsam) trainiert und wann man dieses Kommando statt dem Stopp-Kommando verwenden soll. Ich versuche meinen Hund für Trials zu trainieren.

J:

Mein Tipp für den Anfänger-Handler ist es, dem Hund das Stopp zunächst abseits der Schafe beizubringen, als Teil des Basistrainings, zu dem auch das Abrufen und allgemeines Benehmen gehören. Das Stoppen ist für den Hund viel leichter ohne Schafe zu lernen, am besten möglichst ganz ohne weitere Ablenkungen.

Wenn der junge Hund einmal ein Interesse an Schafen zeigt, sind oft die Instinkte des Hundes so stark, dass sie jeden Gedanken an das Stoppen auslöschen. Natürlich ist jeder Hund ein bisschen anders was das Temperament und das Ausmaß des Beutetriebs angeht.

Wenn ich meinen jungen Hund die ersten Male zu den Schafen lasse, suche ich eigentlich noch nicht nach einem Stopp sondern konzentriere mich einmal auf die Art, wie sich der Hund den Schafen und mir gegenüber verhält.

In der Kommunikation mit dem Hund sind unsere Körpersprache und unsere Bewegungen von essentieller Bedeutung. Ich versuche, mit meinen Bewegungen auf die Impulse, die vom jungen Hund auf die Schafe ausgehen, zu antworten.

Ich konzentriere mich darauf, zu beobachten, wie der Hund um die Schafe herumläuft und versuche ihm zu helfen, den Balance-Punkt zu finden, damit er lernt zu verstehen, wo er ein wenig Druck auf die Schafe ausüben kann, um sie in meine Richtung zu bewegen.

Am Anfang möchte der Hund die Schafe vielleicht gegen den Zaun, in die Ecke oder gegen einen anderen Hund balancieren, aber es ist sehr wichtig, dass er lernt, mich als das Zentrum anzusehen, zu dem die Schafe immer gebracht (balanciert) werden sollen.

Wenn Caniden, also Hundeartige, als Rudel jagen, kreisen sie ihre Beutetiere ein. Deshalb laufen auch unsere Hütehunde im Kreis um die Schafe herum. Wenn sie ihren Schäfer/Trainer korrekt als Rudelführer betrachten, werden sie versuchen, die Beute auch dorthin auszurichten. Passiert das nicht, muss man noch an der Rangordnung arbeiten.

Die Bedeutung der Körpersprache:

Ein Hund liest ganz instinktiv zuerst die Körpersprache und die Energie seines Menschen, denn das sind genau die Elemente, mit denen sie sowohl mit Artgenossen als auch mit Beutetieren kommunizieren.

Ich verwende ein System von Druck und Nachlassen des Drucks (Pressure and Release), das genau der angeborenen Kommunikationsform von Hunden untereinander entspricht.

Durch die korrekte Anwendung von Druck und Nachlassen kann man Hunden leicht beibringen, welche Verhaltensweisen erwünscht und welche unakzeptabel sind.

Mit einem Anfängerhund an den Schafen bedeutet das, dass ich ihn mit meiner Körpersprache weiter weg drücke, wenn er zu viel Druck auf die Schafe ausübt und ihn durch Rückwärtsgehen und das Nachlassen von meinem Druck belohne, wenn er mit den Schafen respektvoll und vernünftig umgeht.

Ich gehe am Anfang auch selber sehr langsam in der Nähe der Schafe, weil Hunde das Verhalten ihrer Rudelführern auch oft spiegeln werden. Ich kommuniziere gerne subtil. Oft reicht es, ganz still zu stehen und den Hund sehr intensiv anzustarren, um ihn dazu zu bringen, sein Verhalten zu modifizieren.

Gerade am Anfang versuche ich deshalb alle plötzlichen, eckigen oder unvorhersehbaren Bewegungen in Schafnähe zu vermeiden. Ich möchte jeden Eindruck von Aufgeregtheit oder Panik vermeiden und den Hund dazu bringen, dass er durch mein ruhiges Vorbild auch zu einer unaufgeregten Art zu Arbeiten findet. Würde ich sehr viel Bewegung und Aufregung zeigen, würde sich ein junger Hund davon anstecken lassen und eher unerwünschtes Verhalten wie nach-den-Schafen-Schnappen oder in-die-Herde-Hineinfahren zeigen.

Am Anfang lasse ich deshalb auch alle verbale Kommunikation weg, die den jungen Hund aufregen und überstimulieren könnte.
Auch zu viel freudiges Loben kann beim Hund die falsche Auffassung entstehen lassen, dass die Arbeit am Schaf ein lustiges Spiel ist.

Zusammengefasst ist alles, was ich mit einem jungen Hund in der Nähe der Schafe tue, darauf ausgerichtet, in ihm eine vernünftige, ruhige und respektvolle Grundhaltung zu mir und zu den Schafen herzustellen. Das ist die Basis einer guten und vertrauensvollen Arbeitspartnerschaft.

Wenn der Hund die richtige Einstellung zu mir hat, ist es einfach, ihn zu stoppen. Es ist deshalb sehr wichtig, in der Vorarbeit die korrekte Grundeinstellung zu erlernen und zu erkennen.

Um einen jungen Hund zu stoppen, nehme ich eine blockierende Position ein, bei der ich weder zu starken Druck auf den Hund mache noch den Druck ganz auslasse. So kann ich den Hund in einer neutralen Position kurz zum Einhalten bringen.

Je nach Temperament und Enthusiasmus des Hundes kann ich, wenn ich aus dem Stopp wieder weitergehen will, entweder wieder Druck auf ihn ausüben, um ihn weiter hinausschieben oder den Druck verringern und rückwärts gehen und ihn einladen zu folgen.

Bei einem korrekten Stopp und einem mitarbeitswilligen Hund kann ich zur Belohnung meinen Blick senken. Auch das kann schon ein spürbares Nachlassen von Druck sein, wenn ein Hund sensibel ist. In der Stopp-Position soll sich der Hund unbedingt wohlfühlen, damit er sie nicht prinzipiell vermeiden möchte.

Wir Menschen kennen eigentlich instinktiv diese Systeme von sozialem Druck durch Körpersprache genau wie Hunde. Bei Menschen, die wir nicht kennen oder denen wir nicht vertrauen, wirkt längerer direkter Augenkontakt einschüchternd und wir versuchen instinktiv, die Distanz zum Aggressor zu erhöhen. Dasselbe gilt für das Unterschreiten unserer Individualdistanz.

Je nach unserer Persönlichkeit können wir auf eine körpersprachliche Angriffsdrohung natürlich auch mit entgegengerichteter Aggression reagieren, indem wir unverwandt zurück starren oder sogar einen Schritt auf unseren Angreifer zu machen.

Wenn unser Gegenüber uns zu unheimlich wird, werden wir irgendwie reagieren. Durch Flucht oder die Androhung eines Angriffs.

Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir darauf achten, dass sich unser Hund in dem Punkt, wo wie ihn durch körpersprachlichen Druck in ein Stopp bringen, sich nicht zu unwohl fühlt.

Ein Hund zeigt sein Unwohlsein vielleicht dadurch an, dass er am Boden schnuppert, ausweicht, (meidet), versucht, sich der unangenehmen Situation zu entziehen oder indem er die -seiner Meinung nach- Herausforderung zum Kampf annimmt, die Aufforderung des Schäfers zum Stoppen ignoriert und den aufgestauten Druck an die Schafe weitergibt.

Oft zeigt ein Hund verschiedene Strategien von Sich-Entziehen oder Sich-Widersetzen, bevor er vertrauensvoll den richtig dosierten Druck seines Trainers akzeptiert.

Um ihm zu helfen, dieses Vertrauen schnell zu finden, sollten wir den jungen Hund deshalb sofort durch Erlösung von unserem Druck belohnen, wenn er die gewünschte Position eingenommen hat.

Die Rolle der Balance beim Erlernen des Stopps

Einem jungen Hund bringe ich zunächst einmal bei, den Balance-Punkt auf der anderen Seite der Schafherde zu finden, an dem er die Schafe in meine Richtung halten oder treiben kann. An diesem Punkt fühlt der Hund Kontrolle über seine Schafe.

Wie lange die Schafe in dieser Position ruhig bleiben, bevor sie wieder einen Fluchtversuch unternehmen, hängt auch vom Temperament der Schafe ab.
Aber wenn man von einem jungen Hund zunächst nur dann ein Stopp verlangt, wenn er einen Balance-Punkt gefunden hat, hilft man ihm zu verstehen, dass es einen Grund für dieses Kommando gibt und es nicht nur eine für ihn sinnlose scheinende Schikane seines Hundeführers ist.

Dieses einfache System funktioniert aber nur, wenn der Hund die Rudelführerrolle seines Trainers akzeptiert hat. Hat man an diesem Punkt also Probleme, muss man noch einmal an diesem wichtigen Basiselement arbeiten.

Mir ist es egal, ob der Hund im Stehen stoppt oder sich hinlegt. Meine Hunde können sich die Position aussuchen, die ihnen lieber ist. Wenn aber der Hund immer wieder versucht, ein sehr unsauberes Steh zu verkaufen, bei dem er immer weiter nach vorne drückt, werde ich wohl auf einem Lie-Down bestehen, bis er verstanden hat, dass ein Stopp auch wirklich bedeutet, dass es keine Vorwärtsbewegung mehr gibt.

Ich kämpfe nicht gerne mit sturen Hunden, die sich nicht hinlegen möchten. Deshalb dürfen solche Hunde auch, wenn sie einmal Kooperation zeigen, ein "halbes Stopp" machen, indem sie sich nach hinten setzen und aus dem Sitz wieder weitergehen. Das nenne ich bei solchen Hunden dann Stand/Steady. Mit sturen Hunden kämpfen erzeugt meiner Erfahrung nach noch mehr Gegenwehr. Lässt man sich ein bisschen auf sie ein statt zu genau zu sein, hilft das oft dabei, langfristig ihr Vertrauen zu gewinnen.

Aus der Hundeperspektive

Ich versuche mich möglichst oft, in den Hund hineinzuversetzen und mich zu fragen, ob ich an seiner Stelle mit dem, was ich von ihm gerade verlange, glücklich wäre. Mit seinem momentanen Trainingsstand, seiner Erfahrung mit Schafen und dem Gelände, würde ich mich mit der gestellten Aufgabe auskennen?

Das halbe Stopp-Kommando verwende ich gerne für ein Anhalten im langsamen Vorwärts. Später gebe ich das halbe Stopp-Kommando als Pfiff, um ein schönes langsames Tempo beim Treiben der Schafe zu halten.

Ein schönes gleichmäßig langsames Vorwärtsschieben der Schafe ist viel besser als wenn der Hund dauernd stoppt und wieder startet. Das kann die Schafe auf Dauer nervös machen.

Um dem Hund dieses gleichmäßige Tempo beizubringen, gehe ich gemeinsam mit meinem Hund und bitte ihn jedes mal, wenn er schneller werden will, mit dem Steady/Stand-Kommando und notfalls einer körperlichen Blockade, sich zurückzunehmen.

Manche Hunde brauchen an diesem Punkt auch eine lange Leine, mit der man sie ein wenig zurück zupfen kann, wenn sie doch zu schnell werden möchten.

Wenn das für den Hund neu ist, darf man nicht vergessen, dass man ihm die Chance geben muss, zuerst mit möglichst wenig Druck durch Stimme, Körpersprache oder Leine zu lernen. Erst allmählich kann man nachdrücklicher werden, wenn es der Hund brauchen sollte. Streng und scharf werde ich nur, wenn ich sicher bin, dass der Hund schon genau weiß, was ich von ihm will.

Auch beim Einlernen des Tempos beim Fetch gilt dasselbe. Ich gehe vor den Schafen her und bitte meinen Hund, wenn er zu schnell wird, sich etwas zurückzunehmen. Ich helfe ihm zu verstehen, indem ich auf ihn zugehe und ihn mit meiner Körpersprache zurück schubse und keine schnelle Vorwärtsbewegungen akzeptiere.

In allen Phasen des Einlernens von neuem Verhalten ist es wichtig, zuerst verständnisvoll zu lehren bevor man den Druck auf den Hund erhöht.

Bei echtem Teamwork ist es nicht nur wichtig, dass der Hund auf mich hört sondern auch, dass ich auf die Zeichen meines Hundes aber auch der Schafe achte.

Alle Seiten eines Teams sollten bereit sein, aufeinander zu horchen.

Das habe ich von meinem Hund Moss gelernt, als er eine Herde Schafe über einen steilen, von hohen Farnen überzogenen Hang treiben sollte. Als er seine Herde durch eine besonders stark bewachsene Strecke treiben sollte, verweigerte er mein Rechstkommando hartnäckig, obwohl das sonst gar nicht seine Art war.
Ohne weiter darüber nachzudenken bestand ich darauf, dass er die Flanke in meine Richtung ausführte, und sofort verlor er alle seine Schafe in den hohen Farnen. Ich weiß noch wie er quasi mit den Schultern zuckte, bevor er mein schlecht gewähltes Kommando ausführte. Das wieder auszubessern kostete uns beide viel extra Arbeit und Zeit, weil wir die im hohen Farn verschwundene Herde erst wieder aus ihrem Versteck suchen mussten. Dieses Erlebnis hat mich gelehrt, besser auf meine Hunde zu hören, wenn sie mir etwas mitteilen möchten.

Überkommandieren

Natürlich kommt der Moment im Training, wo der Hund auch ausserhalb des Balance-Punkts stoppen muss, zum Beispiel um einen Cross- Drive zu starten.

Wenn der Hund einmal verstanden hat, dass man die Schafe auch in andere Richtungen bringen kann als zu mir, sollte das nicht zu schwierig sein.

Mir ist es wichtig, dass der Hund immer weiß, was ich mit einem Kommando bezwecken will. Zum Beispiel die Schafe nach rechts weg treiben.
Wenn man dem Hund keinen verständlichen Auftrag gibt und ihn nur zufällig links und rechts flankiert ohne dass er ein Ziel verstehen kann, ist man im Notfall vielleicht auf sich allein gestellt, denn nur ein Hund, der seine Aufgabe auch versteht kann sich im Zweifelsfall auch hilfreich selbstsändig einbringen.

Einem reinen Befehlsempfänger muss ich immer jeden Schritt ansagen und werde nie sein volles Potential ausschöpfen können.

Auf diese Art geführt kann der Hund im schlimmsten Fall auch ganz aufhören, selber mitzudenken. Er tut dann nur mehr, was ihm angeschafft wird, ob es gerade sinnvoll ist oder nicht.

Manchmal zeigen uns Hunde, die meinen, etwas Sinnvolles zu ihrer Arbeit beizutragen zu haben, durch verschiedenes Verhalten an, wenn wir sie zu stramm führen. Sie können schmollen, sehr stark auf die Schafe drücken, Kommandos ignorieren oder ihren Frust an den Schafen auslassen.

Der Border Collie ist ein intelligenter Hund, der zu eigenständigem Mitdenken imstande ist, eigenverantwortliche Entscheidungen treffen kann und trotzdem sehr willig ist, mit seinem Hundeführer zusammenzuarbeiten.

Es ist schade, wenn man diese Fähigkeiten nicht alle nutzt und sich nur auf seine Befehlsempfänger-Qualtitäten verlässt.

Ich habe ein paar Schlüsselaufgaben, die ich meinen Hunden anvertraue, damit sie ihren Job verstehen und nicht einfach nur tun, was ich ihnen sage.

Ein "mechanical dog" heißt im englischen Sprachgebrauch ein Hund, der wie ein Roboter zu lenken ist und dem man keine natürlichen Bewegungen mehr ansieht.
Solche "mechanischen Hunde" machen keinen Schritt, der ihnen nicht angeschafft wurde.

Das kann manchmal am Trialfeld sogar gut gehen, aber wenn man einen solchen Hund an einem windigen Tag, an dem er die Pfiffe nur mehr schlecht hören kann, außer Sicht einen Hügel hinaufschickt, wird er oben am Hügel wahrscheinlich tatenlos sitzenbleiben und warten, bis er wieder Funkkontakt hat oder noch schlimmer den Schafen dorthin folgen, wohin sie gehen wollen, anstatt einfach die Initiative zu übernehmen und die Schafe selbständig zu bringen.

Leider ist es sehr leicht, unsere Hunde mechanisch zu trainieren. Wir fühlen uns gut, wenn wir es schaffen, den Hund überall zu stoppen. Sofort fühlen wir, dass wir die Situation unter Kontrolle haben und möchten gerne überall kontrollieren und stoppen.
Besonders der Anfänger kauft sich mit dem Stopp willkommene Sekunden, die er zum Verschnaufen und Nachdenken zu brauchen meint.

Das Schwierige an gutem Hundetraining ist, dass es nicht so leicht in Schwarz und Weiß einzuteilen ist. Es gibt eine Menge Grauzonen. Für ein bestimmtes Verhalten kann es die unterschiedlichsten Gründe geben. Man muss also den speziellen Hund immer genau beurteilen können, um sein Verhalten in einer bestimmten Situation und die Gründe dafür auch zu verstehen.

In einigen Situationen kann der Handler verlockt sein, das Stoppkommando zu verwenden, wann immer der Hund ein bisschen außer Kontrolle gerät und die falsche Grundeinstellung zeigt.
Wenn man den Stopp unreflektiert verwendet, können sich neue Probleme ergeben.

1. Großer Druck wirkt auf den Hund, damit er auch wirklich stoppt. Das macht ihn unzufrieden und vorsichtig. Das Stoppkommando speichert er als etwas Unangenehmes ab, das man möglichst vermeiden sollte.
Das Lie-Down fühlt sich für ihn wie eine Strafe an.

2. Es ist schon schwierig, vom jungen Hund ein ganz sauberes Stopp zu bekommen, wenn man ihn zu lange zwingt, im Stopp zu bleiben. Er wird vielleicht im Lie-Down nach vor kriechen oder überhaupt schon ein paar Schritte brauchen, bevor er zu einem Stopp kommt.

3. An den zugrundeliegenden Themen ist eigentlich gar nicht gearbeitet worden. Oft sollten Anfänger noch länger bei den Grundlagen bleiben, sind aber schon zu gierig, weiterzukommen, dass sie zu früh die Basislevel überspringen wollen. Bevor man zu fortgeschrittenen Übungen kommt, muss die Grundeinstellung des Hundes zur Arbeit und die Partnerschaft mit seinem Handler sicher etabliert sein.

Das Stoppkommando nicht überzustrapazieren ist dabei sehr wichtig. Wenn ich eine einzelne Aue auf einem weitläufigen Hügel einfangen will, möchte ich, dass mein Hund den Rest der Herde in meiner Nähe hält. Aber ich will von der Herde nicht überlaufen werden. Genauso wenig will ich, dass die Hunde die Schafe einfach davongehen lassen. Also muss ich ihnen schon früh beigebracht haben, Schafe zu balancieren und zu halten, ohne dass ich mich dazu in einer bestimmten Weise bewegen muss.

Wenn sie das unabhängig von mir sehr gut können, ist das für die praktische Arbeit eine enorme Hilfe, aber natürlich auch für Trialaufgaben wie den Pen. Oft sind Schafe so flink, dass der Hund intuitiv, schnell und selbständig reagieren muss, weil er viel zu spät dran wäre, wenn er auf mein Kommando warten würde.
Ich brauche Hunde, die auch selbständig mitdenken und Entscheidungen fällen können.

In meinen Anfangszeiten des Hundetrainings habe ich auch noch zu viel kontrolliert. Ich habe mir eingeredet, dass man meinen Hund immer stoppen muss, weil er einfach zu stark sei. Bei schweren Schafen ging mein Konzept ohne weiteres auf. Hatten wir aber flinke und reaktionsschnelle Schafe wie zB: Scottish Blackface, zeigte sich, dass ich durch meinen Ansatz einen massiven Nachteil hatte. Ich hatte meinen Hunden nicht beigebracht, selbständig an Schafen zu reagieren sondern nur, still stehen zu bleiben egal was passiert, wenn ich ein Kommando gegeben hatte. Einer meiner ersten Hunde konnte deshalb nie erfolgreich pennen. Aber ich habe aus meinen Anfangsfehlern gelernt und heute verstehen meine Hunde, was ich tun will und wir entscheiden gemeinsam wie kompetente Teammitglieder.

Gefühl für die Schafe muss der Mensch natürlich mitbringen oder lernen, sonst kann man seinem Hund keine sinnvollen Anweisungen geben. Ohne Sheepsense übersieht man womöglich auch, wenn der Hund gerade versucht hat, einem durch positive Eigeninitiative zu helfen!!

Ein schneller Weg, Schafgefühl zu erlernen, existiert leider nicht. Wenn man nicht in einer Familie mit einer Schafherde aufgewachsen ist, braucht es viel Zeit, Geduld und intensive Beschäftigung, bis man die Reaktionen von Hunden und Schafen einzuschätzen lernt.

Für den Anfänger ist es naheliegend, sich beim Training nur auf den Hund zu konzentrieren. Aber in Wirklichkeit ist es wichtiger, die Schafe zu beobachten und zu versuchen, die Dynamiken zu verstehen, die sich in der Herde gerade entwickeln. Wie funktioniert diese spezielle Gruppe Schafe, wie reagiert sie auf den Hund?

Außerdem bekommt der Hund eine Menge Druck, wenn er beim Arbeiten ununterbrochen angestarrt wird. Am Verhalten der Schafe kann man sehr viel über den Hund ablesen, ohne den Hund dabei anzuschauen.

Wenn man auf diese Art trainiert, wird das Training mehr zu einer Ausbildung statt zu einem diktatorischen Drill. Und der Anfänger hat die Chance, schneller alles über das große Potential seines Hundes und dessen intrinsische Intelligenz zu lernen.

Q2: Ich habe Arbeitshunde, bin aber neu in der Welt der Sheepdog Trials. Ich interessiere mich für die Terminologie, bin aber oft davon verwirrt. Zum Beispiel habe ich gehört, dass Hunde als "classy" beschrieben werden. Was ist damit genau gemeint und inwiefern hat es einen Einfluss auf seine Arbeitsfähigkeiten?

J:

1. "Class" (Klasse) oder "Style" (Stil) sind Worte, die die Arbeitsmethode des Hundes beschreiben. Das Prädikat "Class" wird Hunden verliehen, wenn sie erstklassige Qualität in der Arbeit zeigen. "Classy" sind Elitehunde, die sich von ihrem normalen Mit-Hunden abheben. Das Wort kommt wahrscheinlich aus der Pferdewelt, wo besonders qualitätsvolle Tiere als „pure class“ beschrieben werden.

"Class" beinhaltet die Schönheit des Tieres, sein Aussehen, seine Bewegungen und die Art wie er seine Präsenz zeigt.
Ein Arbeitshund, der "classy" ist, trägt den Kopt und die Rute tief, arbeitet mit unzerstörbarer Konzentration auf die Schafe und ist bereit, auf die kleinste Bewegung mit der richtigen Reaktion zu kontern. Seine Bewegungen sind immer fließend und rund, denn stockende und ruckelnde Bewegungen irritieren die Schafe.

2. Eye: Hunde mit "eye" (Auge) scheinen die Schafe mit ihrer raubtierartigen Pose zu beeindrucken. Oft zeigen sie gute Balance und sehen "stylish" aus.
Es ist aber wichtig zu wissen, dass nicht jeder Hund, der auf den ersten Blick classy aussieht, es auch ist. Es könnte ihnen zB. am Willen fehlen, Schafe auch zur Zusammenarbeit zu bewegen. Solche Hunde nennt man auf Englisch „class without substance“, Klasse ohne Substanz. Sie sehen toll aus, sind aber nicht effizient.

Ein Hund, der „classy“ aussieht, könnte zum Beispiel vor lauter Eye am Outrun immer wieder stocken und steckebleiben. („stick“), also zu wenig flüssige Bewegungen zeigen.

So ein Hund kann sich von Schafen regelrecht hypnotisieren lassen oder auch umgekehrt die Schafe so hypnotisieren, dass es zu einem Stillstand kommt, wo sich Hund und Schafe anstarren, ohne dass es zu einer Bewegung kommen kann.

Zu viel Eye kann auch dazu führen, dass es schwierig ist, den Hund von der „heavy side of the sheep“, also dem Druckpunkt, weg zu kommandieren. An diesem Punkt ignorieren diese Hunde gerne die Kommandos ihrer Handler.

Wir können „class“ und „style“ besser verstehen, wenn wir die Begriffe mit ihrem Gegenteil in Kontrast setzten, nämlich dem Hund, der „plain“ oder „lose-eyed“ ist, also kein oder nur wenig Eye zeigt.

Diese Hunde flankieren meist freier und tragen den Kopf weniger tief.

Grundsätzlich sind Hunde mit weniger Eye an großen Herden besser einsetzbar als an kleinen Schafgruppen, wo sie sich schwer tun, einen eng eingrenzten Balancepunkt zu finden. An kleinen Gruppen wie sie für Trials verwendet werden wird ein solcher Hund mehr Kommandos und Hilfen durch seinen Handler benötigen.

Ein Hund, der gute Balance hat aber weniger Eye hat, kann aber sowohl im Trial als auch in der Arbeit sehr praktisch sein, weil er vielleicht nicht ganz so starken Druck auf die Schafe ausübt.
Die genau richtige Mischung aus Eye und Stärke (power) führt dazu, dass die Tiere am effizientesten gearbeitet werden können.

3. „Method“, also Methode:
Jeder gute Hund findet seine eigene individuelle Methode, mit Schafen umzugehen. Deshalb ist es auch kaum möglich, eine grundsätzliche Entfernung festzulegen, in der der Hund hinter seinen Schafen arbeiten soll.
Diese Distanz hängt immer ganz individuell ab von der Raubtierenergie des einzelnen Hundes, den Intentionen, die er den Tieren vermittelt und der Fluchtbereitschaft der gehütetenTiere.

Manche Hunde verstehen es, durch ihre „Methode“ die Tiere zu beruhigen, während sie sie vorwärts bewegen. Manche Hunde mit sehr gutem Gefühl können auch ganz nah an die Tiere herankommen, ohne sie nervös zu machen. Je mehr natürliches Gefühl die Hunde schon mitbringen, desto leichter fällt es dem Schäfer, sie in der Arbeit sinnvoll einzusetzen.

Gesucht wird nach einem Hund mit nicht zu viel und nicht zu wenig Eye. Balance und Schafgefühl sind aber fast die wichtigsten Attribute eines guten Arbeitshundes.

Klasse und Stil sind schön zum Anschauen, und ich weiß beides sehr zu schätzen, wünsche mir aber auch einen Hund, der in den schottischen Hügeln gut selbständig arbeiten kann.

Beim Richten von Sheepdog Trials spielte Methode vor dreißig Jahren, als ich mit Trials anfing, noch eine größere Rolle als heute.

Auch damals wurden gerade Linien und enge Wendungen gerichtet, aber wenn der Hund nicht ständig in Kontakt mit den Schafen war oder zu weit weg flankierte, gab es Strafpunkte.

Beim Shedden gab es strenge Vorschriften. Der Hund musste die letzten zwei Schafe abtrennen und ihnen dabei ins Gesicht schauen. Nichts anderes wurde toleriert.

Heute sind die Schafe bei Trials oft nicht mehr gewöhnt, so viel gearbeitet zu werden wie früher. Statt Schäfern mit ihren Hunden fahren jetzt Quad Bikes über die Hügel, sodass die Schafe nicht mehr so routiniert auf die Hunde reagieren wie früher.

Alle Arbeiten müssen heute einfach schneller erledigt werden, es muss mehr Arbeit geschafft werden als früher. Wo es geht, gibt es jetzt Rinder statt Schafen und viel mehr Maschinen und Traktoren und auch mehr allgemeine Farmarbeit anstatt Schäferarbeit.

Ist man unter Zeitdruck ist ein Quad Bike wirklich ein praktisches Hilfsmittel, um Schafe zu bewegen oder nach ihnen zu schauen. Die Hunde werden also weniger eingesetzt als früher.

Trotzdem kann man beim Richten von Sheepdog Trials darauf achten, auch die Methode des Hundes bei der Punktevergabe zu berücksichtigen, um den Typ Hund für die Weiterzucht zu sichern, der die entsprechenden echten Arbeitsqualitäten mitbringt und nicht nur den, der sich erfolgreich über ein Trialfeld lenken lässt.

Beim Drive sollte er in guter Kontrolle seiner Schafe sein. Ich sehe es sehr gerne, wenn die Hunde ihre eigenen feinen, kleinen Bewegungen zum Kontrollieren der Schafe beisteuern und die Schäferarbeiten auf diese Art mühelos und schön zum Ansehen erscheinen lassen.

Zusammenfassend suche ich beim Richten und auch beim Züchten nach einem Hund, der gute Balance beim Fetch (Bringen der Schafe) zeigt, und energiesparend mit flüssigen Bewegungen arbeitet und sich ohne dauernde Kommandos auch selber auf seine Schafe einstellen kann, der also „Schafe lesen“ kann.

 

Trainingsartikel von Julie Hill, ins Deutsche übersetzt von Synve Lundgren, Kassier-Stellvertreterin der ASDS, aus der ISN Mai/Juni 2018